Waldschultage 2024
Den Wald mit allen Sinnen erleben

Förster hat einen Dachsschädel in der Hand, Mädchen streckt seine Hand zwischen die Zähne.Zoombild vorhanden

© Anna Munkler

Die Motorsäge verstummt, ein lautes Krachen ist zu hören, dann kippt die Fichte um und stürzt mit einem dumpfen Schlag auf den Waldweg. Und erntet damit Jubel und Applaus: den Applaus der Schülerinnen und Schüler der Klasse 3a der Grundschule Kottern-Eich, die die Fällung des über 30 Meter hohen Baumes mit Spannung beobachtet haben. In sicherer Entfernung fieberten sie mit Forstwirtschaftsmeister Pirmin Enzensberger mit, der ihnen zuvor sein Equipment gezeigt und seine Arbeit erklärt hat. Und jetzt liegt sie da, die Fichte, die alle viel kleiner geschätzt hatten, als sie tatsächlich ist.

Die Baumfällung ist eines der Highlights, die die Kinder bei den Kemptener Waldschultagen jedes Jahr erleben dürfen. Rund 350 Kemptener Schülerinnen und Schüler aus 17 dritten Klassen durften dieses Jahr Ende September im Rahmen der Aktion des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kempten einen Vormittag im Wald verbringen. Im Weißholz am südlichen Stadtrand und im Bereich der Vorarlberger Gräber gestalten die Försterinnen und Förster des AELF dafür gemeinsam mit Partnern wie Pirmin Enzensberger jedes Jahr einen abwechslungsreichen Pfad, auf dem sie die Kinder führen und sie altersgerecht in die Geheimnisse des Waldes einweihen. „Die Waldschultage sind eine enorme Teamleistung“, sagt Moritz Teufel, Forstlicher Bildungsbeauftragter am AELF und Organisator der Aktion, „nur, weil wir organisationsübergreifend gut zusammenarbeiten, können wir so vielen Kindern die Möglichkeit einer Waldführung bieten.“

Wichtige Erfahrungen im digitalen Zeitalter

Erleichtert, dass das gefährliche Unterfangen der Baumfällung gutgegangen ist, setzen die Kinder ihren Weg mit Förster Michael Balk fort, stapfen Forstwege und schmale Wurzelpfade entlang. An verschiedenen Stellen vermittelt Balk ihnen spielerisch Wissen über den Wald und seine Bewohner. So erfahren die Kinder beim „Wer bin ich?“-Spiel, was der Borkenkäfer an den Bäumen zu schaffen hat, wo im Allgäu Rothirsche leben und welche Tiere Beute von Luchs oder Wolf werden können. An einer anderen Station müssen sie sich Bäume mit verbundenen Augen tastend einprägen und sie dann sehend wiederfinden. Ein Walderlebnis mit allen Sinnen. Kemptens zweiter Bürgermeister Knoll ist überzeugt vom Konzept der Waldschultage, die in diesem Jahr bereits zum dritten Mal stattfinden: „Ich finde es toll, dass die Kinder auch im Schulalltag in die Natur rauskommen. Gerade in unserem digitalen Zeitalter sind diese Erfahrungen enorm wichtig.“
Ein Forstarbeiter und ein weiterer Mann stehen vor einer Schulklasse.Zoombild vorhanden

© Simon Östreicher

Nach einer gemeinsamen Brotzeitpause zieht Förster Balk verschiedene Tierpräparate aus seinem Rucksack: Unterkieferknochen von Reh und Hirsch, ein kleines Geweih, eine Schlangenhaut und sogar einen ganzen Dachsschädel. Alles dürfen die Kinder anfassen und genau begutachten. Sie sind beeindruckt, was ein Förster im Wald alles findet, lachen über den Wackelzahn des Rehs und probieren das Geweih auf ihren Köpfen aus. Dieser spielerische Umgang ist es, den die Förster des AELF sich wünschen. „Es geht uns hier nicht darum, die Köpfe der Kinder mit Wissen zu füllen“, betont Förster Balk, „sondern darum, dass sie den Wald erleben und bleibende Eindrücke mit nach Hause nehmen.“ Denn solche Erlebnisse ergänzen das in der Schule gelernte Fachwissen und geben den Kindern ein Gefühl für den Wald, ihre Umwelt und die schützenswerte Natur.
Das AELF Kempten bietet auch am Bergbauernmuseum Diepolz und im Raum Lindau jährlich Waldschultage an. In Diepolz nahmen in diesem Jahr 21 Klassen mit 438 Kindern aus den Schulen in Waltenhofen, Hegge, Missen, Weitnau, Stein, Sonthofen, Burgberg und Martinszell teil. Dazu kommen noch zahlreiche Einzelführungen für dritte Grundschulklassen.