Zusammenarbeit
Ein Wald fürs Wasser

Ein Wassertropfen auf der Spitze eines BuchenblattsZoombild vorhanden

© Mareike Rathjen

Mit durchdachtem Waldumbau verbessern die Bergwaldoffensive und die Stadtwerke Lindenberg gemeinsam die Wasserqualität und den Hochwasserschutz. Ein Besuch in den Scheidegger Plenterwäldern.

Die Lindenberger Bürger haben Trinkwasser von höchster Qualität - 25 Prozent Quellwasseranteil, nur sieben Milligramm Nitratanteil ohne Vorbehandlung. „Das ist kein Zufall!“ Der das sagt, muss es wissen: Markus Mischke, der Geschäftsführer der Stadtwerke Lindenberg, lässt sich heute zusammen mit dem Wassermeister Klaus Hörmann von Förster Florian Schwarz und Bernhard Schmieder, stellvertretender Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kempten zeigen, welche Pflege- und Pflanzmaßnahmen in jüngster Zeit in den Wäldern der Stadtwerke vorgenommen wurden.

Zwei Männer, stehen im Wald und unterhalten sich.Zoombild vorhanden

© Mareike Rathjen

Was aber haben der Wald, die Baumartenzusammensetzung und die Waldbewirtschaftung mit der Wasserversorgung und dem Hochwasserschutz zu tun? Das erklärt Florian Schwarz, der hier als Förster der Bergwaldoffensive (BWO) tätig ist. „Allein schon die Tatsache, dass es hier Wald gebe, sei ein Vorteil“, sagt er. Wo es keine Nutzung durch Industrie, Gewerbe oder Landwirtschaft gibt, wird kein Dünger eingesetzt und keine Pflanzenschutzmittel. In bewaldeten Wassereinzugsgebieten liegt die Nitratkonzentration im Grundwasser daher in der Regel deutlich unter den Werten, die in der freien Landschaft gemessen werden.
Hinzu kommt, dass der Waldboden wie ein Schwamm wirkt: Allein in den oberen zehn Zentimetern des Waldbodens, also der humusreichen Schicht, werden bis zu 50 Liter Niederschlagswasser pro Quadratmeter gespeichert. Verteilt auf alle Schichten hält Mischwald bis zu 200 Liter pro Quadratmeter zurück und kann damit den Wasserabfluss bei Starkregenereignissen dämpfen. Geschicktes forstliches Management kann die Bodenfeuchte und damit auch den Grundwasserspiegel erhöhen, so dass auch in Hitzeperioden immer genügend Wasser vorrätig ist.

Integrative Waldbewirtschaftung

Ein Mann mit einer Hacke und ein Pferd stehen neben Baumstämmen.Zoombild vorhanden

© Florian Schwarz

Ein Großteil des Einzugsgebiets der Stadtwerke liegt zudem im Projektgebiet Scheidegg der Bergwaldoffensive (BWO). Die BWO, ein Sonderprogramm der bayerischen Forstverwaltung zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel, hat im Ober- und Westallgäu derzeit neun aktive Projektgebiete, darunter die Scheidegger Plenterwälder. Auf etwa 460 Hektar Waldfläche berät und unterstützt Florian Schwarz Waldbesitzer bei der integrativen Waldbewirtschaftung. Das heißt zum Beispiel im Trinkwasserschutzgebiet, dass er schweres Gerät vermeidet. Hier wird noch motormanuell gefällt und das Holz mit Pferden gerückt. Besonderes Augenmerk legt Schwarz auf eine gemischte Altersstruktur der Bäume und maßvolle Pflegemaßnahmen: „Wenn Waldboden schutzlos der Sonne ausgesetzt ist, wird Humus abgebaut und Nitrat freigesetzt.“ Damit keine solchen Kahlflächen entstehen, arbeitet Schwarz an einer Plenterstruktur, bei der Buchen, Fichten und Tannen verschiedener Altersstufen sich optimal ergänzen.
Auch aus dem Fichtenbestand im Wasserschutzgebiet Geisgau soll langfristig ein laubholzreicher Mischbestand mit Buche und Weißtanne werden. „Ein klimatoleranter Mischwald wie der Plenterwald ist entscheidend für die Qualität unseres Trinkwassers und den Hochwasserschutz bei Starkregenereignissen", betont Schwarz. Bei einer gesunden Baum-Mischung ergänzen sich die Eigenschaften der unterschiedlichen Baumarten und entfalten eine breite Wirkung. Für das Trinkwasser in Lindenberg ist das der beste Weg, erklärt Markus Mischke von den Stadtwerken: „Der Waldboden hat eine extrem hohe Reinigungswirkung und eine hohe biologische Aktivität. Wir sind hier in der Region in der glücklichen Lage, dass das Wasser so wie es aus dem Boden kommt, direkt zum Verbraucher geht. Ohne großartige Aufbereitung“, so Mischke. Es müsse nur mit UV-Bestrahlung zur Vermeidung von Keimen behandelt werden.

Waldumbau als langfristige Maßnahme

Der Waldumbau sei eine langfristige Maßnahme, die Zeit brauche, so Bernhard Schmieder, stellvertretender Bereichsleiter Forsten am AELF Kempten. Denn um die Speicherfähigkeit der Böden nennenswert zu erhöhen, müssten die Bäume zunächst einmal heranwachsen. „Buchen werden erst nach rund 30 Jahren zum perfekten Wasserableiter.“ Auch deshalb sei die Arbeit der BWO gelebte Nachhaltigkeit, betont Florian Schwarz: „Wir kümmern uns heute darum, dass nicht nur wir, sondern auch in Zukunft unsere Kinder und Enkelkinder auf ganz natürliche Weise sauberes und nitratarmes Wasser zum Trinken haben.“