Samenernte im Kempter Wald
Hoch hinaus für den Klimaschutz

Fünf Männer stehen in einem Moor zwischen Spirken.Zoombild vorhanden

© Cornelia Nigg

In einem Gemeinschaftsprojekt des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Kempten und der Allgäuer Moorallianz waren im Kempter Wald Baumkletterer unterwegs. Ihr Ziel: Zapfen der gefährdeten, auch Moorkiefer genannten Spirke zu ernten, um zukünftig mit Pflanzen aus heimischer Herkunft aktiven Klimaschutz betreiben zu können. Im Zuge der Renaturierung von Hochmooren sollen die aus dem gewonnenen Saatgut gezogenen Bäumchen vor Ort gepflanzt werden und neue Moorwälder bilden.

Es ist ein ungewohntes Bild, dass sich den Besuchern des Kempter Waldes an diesem kühlen Morgen bietet: Männer in Signalfarben klettern in die Baumwipfel hoch über einer Moorlandschaft. Dr. Ulrich Weiland von der Allgäuer Moorallianz und Förster Thomas Schneid, die das Projekt aus der Taufe gehoben haben, haben dieses Moor als eine von zwei Flächen für die Samenernte ausgewählt und begleiten auch heute die Durchführung.

Saatgut von einer heimischen Spezialisten-Baumart

Die Bäume, in denen die Männer klettern, sind Spirken - eine seltene einheimische Kiefernart, die nur auf Moorstandorten wächst und dort die natürliche Waldgesellschaft, den sogenannten Spirken-Moorwald, bildet. Im Zuge des Klimawandels spielen Moore als CO²-Speicher eine wichtige Rolle und werden im Allgäu verstärkt renaturiert. Für die künftigen Moorwälder werden angepasste Pflanzen benötigt, die mit den besonderen Verhältnissen vor Ort zurechtkommen. Gerade die Spirke als Spezialisten-Baumart ist schwer zu bekommen und die Herkunft der kleinen Bäumchen ist oft ungewiss. Förster Thomas Schneid stört das: „Wir möchten in Zukunft an diesem Standort die Spirke mit Pflanzaktionen aufforsten und dafür benötigen wir Saatgut von den hier natürlich wachsenden Spirken“, erklärt er.

Wichtiger Lebensraum und Klimafaktor

Ein Mann mit Helm klettert in einem Nadelbaum.Zoombild vorhanden

© Cornelia Nigg

Ob auch genug gesunde Samen in den Zapfen liegen, überprüfen die Baumkletterer professionell mit einem Zapfenschnitt. Das Ergebnis überzeugt: Sie finden drei bis vier gesunde Samen je Zapfen -, für die ausbreitungsschwache Spirke eine gute Zahl. Auf den nährstoffarmen, sauren und vor allem nassen Mooren bildet die gefährdete Kiefernart die natürliche Waldgrenze. Dabei machen ihr vor Ort nicht nur die für Bäume lebensfeindlichen Bedingungen zu schaffen. „Die Spirke wurde auf dieser Fläche zum Teil aufgrund von Trockenheit oder Pilzinfektionen in Mitleidenschaft gezogen“, gibt Dr. Ulrich Weiland von der Allgäuer Moorallianz Auskunft. Die früher aktiv geförderte Entwässerung von Mooren setzt der Kiefernart ebenso zu. Sie wird dann vor allem durch die Fichte verdrängt, die das neue, trockengelegte Areal zielstrebig erobert. Hier setzen die Maßnahmen zur Moorrenaturierung durch aktive Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushalts an. „Die 1.000 Hektar Spirken-Moore im Kempter Wald möchten wir dringend erhalten als wichtigen Lebensraum und Klimafaktor“, so Weiland.

87 Kilogramm Zapfen an zwei Tagen

Insgesamt zwei Tage sind die Zapfenpflücker auf den Flächen im Einsatz, um die Samen, die in ihrer hölzernen Hülle gut geschützt sind, von den Bäumen zu holen. Eindrucksvolle 87 Kilogramm Spirken-Zapfen können am Ende der Aktion an die Samenklenge in Bindlach zur Veredelung geschickt werden. Dort wird das Saatgut getrocknet, die Samen aus den Zapfen gelöst und aufbereitet. Eine kleine Probe des Saatgutes bekommt das Bayerische Amt für Waldgenetik (AWG) zur Prüfung, um genetische Untersuchungen durchzuführen. Übrig bleiben von den 87 Kilogramm Zapfen, die auf den Bäumen geerntet wurden, nur 1,65 Kilogramm reine Samen. Im Vergleich mit anderen Kiefern-Arten ist das sehr wenig. Dennoch sind die Initiatoren zufrieden. Aus einem Kilo Saatgut kann man immerhin um die 50.000 Pflanzen anziehen. Genug, um die geplanten Pflanzaktionen auf Jahre hin mit Bäumchen zu versorgen.